Sind auch Sie schon einmal an einem Lkw vorbeigefahren, der ein „Attention Angles Morts“-Schild auf der Seitenwand vorne sowie hinten kleben hat oder sind selbst Lkw-Fahrer und müssen eines befestigen? Dann klären wir heute die Bedeutung der Kennzeichnung, warum es sich um einen französischen Begriff handelt und welche Gesetzmäßigkeiten hinter dieser besonderen Fahrzeug-Kennzeichnung stecken.
Was bedeutet „Attention Angles Morts“?
Attention Angles Morts ist Französisch und bedeutet „Achtung Toter Winkel“. Es handelt sich hierbei um Bereiche außerhalb des Fahrzeuges, die der Fahrer trotz diverser Spiegel nicht einsehen kann. Die Rundumsicht wird durch verschiedene Faktoren wie z.B. die Kopfstützen, den Beifahrer oder breite Dachsäulen beeinträchtigt.
Alle Pkw, Lkw, Busse und Wohnmobile haben solche Bereiche und erhöhen somit das Risiko für Fußgänger, Radfahrer oder andere am Straßenverkehr teilnehmende Fahrzeuge.
Wofür ist die Kennzeichnung nützlich und warum das Ganze auf Französisch?
Seit 2021 fordert die französische Straßenverkehrsordnung laut Artikel R.313-32-1 die Kennzeichnung von toten Winkeln für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen. Sie soll verhindern, dass sich Fußgänger, Roller- und Radfahrer sowie andere Fahrzeuge im toten Winkel aufhalten, da sie in dem Bereich schnell übersehen werden können. Die Kennzeichnung ist bewusst auffällig gestaltet und soll zu umsichtigem Verhalten bewegen und so Unfälle vermeiden.
Für welche Fahrzeuge gilt die Kennzeichnungspflicht und für welche nicht?
Betroffen sind alle Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht ab 3,5 Tonnen wie etwa Lkw, Busse und Wohnmobile, die sich auf französischen Straßen bewegen. Auch Fahrzeuge, die lediglich im Transit durch Frankreich fahren und auch nicht die Autobahn verlassen, müssen gekennzeichnet sein. Hierzu gehören auch im Ausland zugelassene Fahrzeuge.
Die Vorschrift bezieht sich jedoch nur auf Einzelfahrzeuge und nennt keine Gespanne. Die Kennzeichnung ist somit nur dann an einem Zugfahrzeug bzw. Wohnwagen anzubringen, wenn mindestens eines der beiden Fahrzeuge eine zulässige Gesamtmasse von mehr als 3,5t aufweist. Gespanne, deren zulässige Gesamtmasse zusammengerechnet 3,5t übersteigt, müssen nicht gekennzeichnet werden, sofern die zulässige Gesamtmasse weder beim Zugfahrzeug noch beim Anhänger über 3,5t liegt.
Der Erlass gilt nicht für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge, Winterdienstfahrzeuge und Einsatzfahrzeuge der Straßenverwaltungen. Sind die Fahrzeuge mit einer Vorrichtung ausgerüstet, mit der in Anwendung der Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union auf das Vorhandensein von toten Winkeln an den Seiten und am Heck hingewiesen wird, gilt diese Verpflichtung als erfüllt.
Wo und wie muss die Kennzeichnung angebracht werden?
Die Kennzeichnungen müssen vorne an beiden Seiten des Fahrzeugs und am Heck in einer Höhe von mindestens 0,90 m bis maximal 1,50 m befestigt sein. Dabei müssen die Hinweisschilder die vorgeschriebenen Maße von 25 cm Höhe und 17 cm Breite einhalten.
Abhängig von der Art des Fahrzeugs gibt es unter Umständen abweichende Vorschriften zur Anbringung.
Hierfür gilt dann Folgendes:
Kraftfahrzeuge und Anhänger, bei denen es nachweislich technisch nicht möglich ist, die Vorschriften in Bezug auf die Höhe der Kennzeichnungen über dem Boden einzuhalten, werden mit Kennzeichnungen ausgestattet, die so nahe wie möglich an den Vorgaben des Erlasses liegen.
Bei der Montage muss beachtet werden, dass die Kennzeichen und die vorgeschriebenen Beschriftungen des Fahrzeuges sichtbar bleiben. Ein Anbringen auf Seiten- oder Heckscheibe ist nicht erlaubt. Ebenfalls dürfen die Beleuchtungseinrichtungen und die Sicht des Fahrers nicht verdeckt werden.
Unterschiedliche Motive für unterschiedliche Fahrzeugarten
Bei der Kennzeichnung muss auf das richtige Motiv geachtet werden, da sonst ebenfalls ein Bußgeld droht. Busse sowie Wohnmobile müssen das Schild mit dem Bus-Symbol verwenden, da es sich hierbei um Fahrzeuge zur Personenbeförderung handelt. Für Fahrzeuge, die zur Güterbeförderung genutzt werden und das zulässige Gesamtgewicht überschreiten, muss das Schild mit dem Lkw genutzt werden. Kennzeichnungen mit anderen Motiven, wie z.B. Wohnmobilen, entsprechen nicht den gesetzlichen Vorgaben.
Toter Winkel-Kennzeichnungspflicht bald auch in Deutschland?
Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) engagiert sich für die Verkehrssicherheit, spricht sich jedoch für eine einheitliche europäische Lösung aus, um der Unfallgefahr durch den toten Winkel effektiv zu begegnen. In einem gemeinsamen Positionspapier mit dem Fahrradclub ADFC fordern die beiden Interessenverbände den sicheren Umbau von Kreuzungen, getrennten Grünphasen an Ampeln und die Ausrüstung möglichst aller Lkw mit Abbiegeassistenzsystemen. Die Kennzeichnung des toten Winkels in deutscher Ausführung ist daher nach aktuellem Stand unwahrscheinlich.