Epidemiologie arbeitsbedingter Infektionskrankheiten – Fachbeitrag der BAuA

Forschung: Infektionsrisiken bei der Arbeit auf einen Blick

Warnschild

In einigen Berufsgruppen ist die Gefährdung durch Krankheitserreger bekannt und es werden entsprechende Vorsichtsmaßnahmen ergriffen. Ist ein Erreger jedoch selten oder werden Berufe, in denen die Kontaktaufnahme denkbar ist, nur selten ausgeübt, sieht sich der Arbeitnehmer einer unzureichenden Datenlage gegenüber. Hier hat nun die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) versucht, Abhilfe zu schaffen.
Der nun vorliegende Bericht über die »Epidemiologie arbeitsbedingter Infektionskrankheiten« schafft eine erweiterte Grundlage bei der Beurteilung von Gefahren und Infektionsrisiken am Arbeitsplatz.

Viren, Bakterien, Pilze und Parasiten

Insgesamt ließ die BAuA durch die Universitätsklinik Tübingen 161 bekannte Erreger im Zusammenhang auf ihr Gefährdungspotenzial im Arbeitsleben erforschen. Die Forschungsarbeit soll eine Lücke schließen, die sich bei selten vorgefundenen Erregern und in selten ausgeübten Berufen aufgetan hat. Insbesondere das Gefährdungsrisiko außerhalb von Laboratorien lag bei den Forschern im Fokus. Ziel war es, mehr Informationen für Menschen in diesen Berufen zur Verfügung zu stellen, sowie die Folgen bei Infektionen genauer zu beschreiben.

Vorgehensweise in Tübingen

Für die Ausarbeitung der »Epidemiologie arbeitsbedingter Infektionskrankheiten« untersuchten die Forscher in Tübingen alle in der Richtlinie 2000/54/EG genannten Erreger. Zunächst wurde eine standardisierte Literaturrecherche durchgeführt, die auch internationale Datenbanken umfasste. Unter Einbeziehung von Fallstudien gelang es in Tübingen, über 161 Erreger insgesamt 116 Berichte zu verfassen, die nun vorliegen. Dabei ergab sich, dass bei 52 Krankheitserregern von einem erhöhten Infektionsrisiko der betroffenen Arbeitnehmer auszugehen ist. Fälle, die bislang noch nicht ausreichend untersucht wurden. Daraus lässt sich für die Zukunft ein deutlicher Bedarf an weiterführender wissenschaftlicher Forschung ableiten.

Arbeitnehmer, die sich möglicherweise Risiken aussetzen

Am Beispiel des Bakteriums Acinetobacter baumannii soll erläutert werden, welchen Gefahren sich Arbeitnehmer gegenübersehen, wenn keine wirksamen Gegenmaßnahmen ergriffen werden:
Bei dem oben genannten Erreger handelt es sich um ein penicillinresistentes Bakterium, das vornehmlich in klinischer Umgebung anzutreffen ist. Ärzte, Schwestern und anderes medizinisches Personal sind auf den Umgang mit dem gefährlichen Erreger eingestellt und kennen Maßnahmen zur Vorbeugung. Das Bakterium wurde jedoch auch vermehrt in Geflügelzuchtbetrieben nachgewiesen. Eine Infektion führt zu Wundinfektionen, Lungenentzündung und kann eine Septikämie hervorrufen. Hierbei handelt es sich um eine Gesamtinfektion des Organismus, die durch die Resistenz des Erregers nur schwer zu behandeln ist.

Die Untersuchung der Tübinger Forscher ergab jedoch auch, dass sich das Risiko der Arbeitnehmer durch verbesserte Lüftungsanlagen in Geflügelzuchtbetrieben bedeutend senken lässt. Aus diesem Grund ist die Erhebung so wichtig.

Forschung ist unverzichtbar

Es ist eine Sache, Risiken nicht zu kennen und sie deshalb nicht vermeiden zu können. Durch die Untersuchung aus Tübingen wurde nun jedoch bekannt, dass eine hohe Zahl an Risiken besteht, die dringend der weiteren Erforschung bedürfen, um Arbeitnehmer nicht fahrlässig oder aus Unwissenheit zu gefährden. Mithilfe der »Epidemiologie arbeitsbedingter Infektionskrankheiten« wurde deutlich, dass gefährliche Erreger auch in den Berufen lauern, denen sie ursprünglich nicht zugeordnet waren. Ein leichtfertiger Umgang mit diesen nun bekannten Risiken wäre sträflicher Leichtsinn. Die Gefährdungsbeurteilung in Betrieben, wie sie durch das Arbeitsschutzgesetz vorgeschrieben ist, muss diese relevante Forschungsarbeit zwingend berücksichtigen. Die Studie bietet hierfür eine umfassende Übersicht.